KIF515:Resolutionen/Teilzeitstudium

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Die 51,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften fordert die Hochschulen dazu auf, ihren Studierenden die Möglichkeit einzuräumen, neben ihrem Studium einer Nebentätigkeit oder anderen familiären bzw. sozialen Verpflichtungen nachgehen zu können, ohne dadurch in ihrem Studium benachteiligt zu werden. Insbesondere soll als Möglichkeit zum Erreichen dieses Ziels der Zugang zum Teilzeitstudium – auch in formaler Form – vereinfacht bzw. überhaupt erst ermöglicht werden. Dafür fordern wir von den deutschen Landesregierungen, dass eine Gesetzesgrundlage geschaffen wird, welche es den Hochschulen ermöglicht, ihre Studiengänge in Teilzeit anzubieten, ohne dafür selbst Einbußen hinnehmen zu müssen.

Begründung[Bearbeiten]

Nebentätigkeiten[Bearbeiten]

Studierende gehen häufig Nebentätigkeiten zur Finanzierung ihres Studiums und zum Sammeln praktischer Erfahrungen nach. Durch fehlende Ausgleichsmechanismen für Interessenskonflikte zwischen ihnen und der Hochschule bzw. den Lehrenden wird ihnen erschwert, ihr Studium mit anderen Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Beispiele sind die mangelnde Planbarkeit von Arbeitszeiten durch willkürliches Verschieben von Vorlesungs- oder Prüfungsterminen oder das Fehlen eines (einheitlichen) Stundenplans.

So entstehende Interessenskonflikte erhöhen die Belastung für Studierende, welche auf ihre Nebentätigkeit und die mit dieser zusammenhängenden finanziellen Mittel angewiesen sind. Im schlimmsten Fall kann eine solche Situation das Studium gefährden, falls eine Finanzierung dieses für die Betroffenen nicht mehr möglich ist.

Teilzeitstudium als Lösungsansatz[Bearbeiten]

Abhängig vom Bundesland und der Hochschule gibt es teils keine Maximalstudienzeit, wodurch die Studierenden ihr Studium selbstständig über die Regelstudienzeit hinaus fortführen können. In anderen Fällen verhindern jedoch Credit-Point-Hürden oder Fachsemester-Grenzen, dass Studierende die Geschwindigkeit ihres Studiums selbstständig flexibel planen können. Anstatt eine Lösung für den Konflikt zwischen Studium und anderweitigen Verpflichtungen anzustreben, verlieren diese Studierenden somit ohne zwingendes Eigenverschulden ihren Studienplatz. Auch für diese Studierenden soll eine Lösung geschaffen werden, welches für die Hochschulen in Form eines Teilzeitstudiums möglich wäre. Hier bliebe der Vollzeit-Studiengang bei diesem Lösungsansatz ebenfalls größtenteils unberührt.

So haben 2021 lediglich 32 % der Hochschulabsolvierenden in Deutschland ihr Studium in Regelstudienzeit beenden können. Dahingegen war es für 75 % möglich dies innerhalb der Regelstudienzeit plus zwei Semester zu bewerkstelligen. (DE-Statis-Veröffentlichung Seite 611) Aus diesem signifikanten Unterschied über einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum lässt sich ableiten, dass eine längere Studienzeit zu mehr Absolvierenden führt. Die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums würde dem entgegenkommen ohne eine Änderung an der Regelstudienzeit des Vollzeitstudiums notwendig zu machen.

Reguläre Arbeitnehmende haben laut § 8 TzBfG ein Recht auf Teilzeit. Jedoch gibt es diese Möglichkeit nur für 17,9 % der deutschen Studiengänge (Stand 2022) [1], obwohl das Besuchen dieser für die Studierenden ihr "Hauptberuf" ist. Dies stellt eine klare Benachteiligung der Studierenden gegenüber regulären Arbeitnehmenden dar.

Regularien und gesetzliche Grundlagen am Beispiel von Hessen[Bearbeiten]

Ein Positivbeispiel ist das Hessische Hochschulgesetz, welches laut § 19 HessHG die Hochschulen dazu anhält "[...] soweit möglich, ihre Studiengänge so [zu] organisieren, dass sie auch in Teilzeit studiert werden können (informelles Teilzeitstudium)." [2] Die Hochschulen dürfen die Regelstudienzeit ihrer Studiengänge im Rahmen bestehender gesetzlicher Regelungen eigenständig festlegen. Dies gilt auch für ein Teilzeitstudium. Für die Hochschulen wäre dieses vorteilhaft, da sie die Studierenden, welche für ihr Studium auch implizit länger brauchen, in ihre Zielvereinbarung gegenüber dem Land Hessen einbringen können. In diesen wird u.A. festgelegt, welche Absolvierendenquote in welchem Zeitraum erfüllt werden soll, um eine weitere oder höhere Finanzierung zu rechtfertigen. Werden informelle Teilzeitstudierende stattdessen explizit behandelt, würden diese keinen negativen Einfluss mehr auf die entsprechenden Kennzahlen haben und die Hochschule kann die festgelegten Ziele somit einfacher erreichen. Die Technische Universität Darmstadt hat beispielsweise im Rahmen des HessHG viele verschiedene Möglichkeiten eingeräumt, um mit einer entsprechenden Begründung ein Teilzeitstudium beantragen zu können. [3][4] [5]

Dies zeigt, dass es durchaus möglich ist, ein Teilzeitstudium mit geringem zusätzlichen Verwaltungsaufwand sinnvoll neben einem Vollzeitstudium anzubieten. In Bundesländern, welche keine Gesetzesgrundlage ähnlich § 19 HessHG geschaffen haben, wäre dies Voraussetzung, um auch den dortigen Hochschulen die Umsetzung zu ermöglichen.