KIF475:Resolutionen/Regelungen zur Prüfungsunfähigkeit

Aus KIF

Datei:Symptompflicht.pdf

Vorschlag der MeTaFa für eine einheitliche Resolution über mehrere BuFaTas.

Resolution der KIF dazu: KIF420:Resolutionen/Prüfungsunfähigkeit

Anmerkungen von Thomas

  • Thomas findet die Begründungen teilweise nicht gut und teilweise falsch.
  • Thomas hat einen neuen Text erstellt der neue Argumente aufgreift:


Kurzvariante

Die KIF fordert die Bundesländer auf eine gesetzliche Grundlage für Regelungen zur Prüfungsunfähigkeit zu schaffen.

Da Hochschulen und die dort tätigen Personen regelmäßig maßgeblich über die zukünftige wissenschaftliche Karriere der Studierenden entscheiden sind die Nennung von Funktionsstörungen, Symptomen oder Diagnostik bei Attesten zur Prüfungsfähigkeit analog zur regulären Arbeitswelt auszuschließen.

Die Nennung von Funktionsstörungen ist nur bei einem Nachteilsausgleich angemessen. Es liegt im Belieben der einzelnen Person solch einen Nachteilsausgleich zu beantragen und ein adäquater Nachteilsausgleich erfordert die Kenntnis des Nachteils.

Ausführliche Variante

Die KIF fordert die Bundesländer auf eine gesetzliche Grundlage für Regelungen zur Prüfungsunfähigkeit zu schaffen.

Es ist nicht hinnehmbar wenn sich medizinisches Fachpersonal wegen Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Strafgesetzbuch strafbar macht weil Prüfungsausschüsse und Prüfungsämter die Offenlegung von Funktionsstörungen, Diagnostik und Symptomen einfordern. „Die Verpflichtung zur Vorlage eines ärztlichen Attests für den Rücktritt von einer Hochschulprüfung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Ein solcher Eingriff ist formell nur zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über den Grundrechtseingriff selbst in einem Parlamentsgesetz hinreichend klar und bestimmt trifft“1. Hierbei kann das Hochschulgesetz von Nordrhein-Westfalen als positives Beispiel genannt werden. § 63 Absatz 7 Satz 1 regelt: „Für den Nachweis der krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit reicht eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Prüfungsunfähigkeit hin, es sei denn, es bestehen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die eine Prüfungsfähigkeit als wahrscheinlich annehmen oder einen anderen Nachweis als sachgerecht erscheinen lassen. Bestehen derartige Anhaltspunkte, ist die Hochschule berechtigt, auf ihre Kosten eine ärztliche Bescheinigung einer Vertrauensärztin oder eines Vertrauensarztes der Hochschule zu verlangen; die oder der Studierende muss zwischen mehreren Vertrauensärztinnen oder Vertrauensärzten wählen können. (...)“ Bei offensichtlicher Prüfungsunfähigkeit kann auf ein Attest verzichtet werden. Die Hochschule ist berechtigt gegen Missbrauch tätig zu werden. Die Kostenfrage ist geklärt.

Hinsichtlich der Forderung nach Nennung von Funktionsstörungen, Diagnostik und Symptomen ist der besondere Kontext einer Hochschule zu berücksichtigen. Ziel eines Studiums ist die Befähigung zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit2. Die wissenschaftliche Arbeit findet im Regelfall an den Hochschulen statt. Insbesondere sind Karrierewege im wissenschaftlichem Umfeld im Regelfall mit Tätigkeiten und Arbeitsverhältnissen an Hochschulen gleichzusetzen da insbesondere das Promotionsrecht den Hochschulen vorbehalten ist. Dabei ist insbesondere die Promotion von einer besonders persönlichen Beziehung gekennzeichnet. Somit erfolgt die Offenlegung der Eingangs genannten Aspekte letztendlich gegenüber dem zukünftigen Arbeitgeber, bei wissenschaftlichen Hilfskräften auch jetzigen Arbeitgeber. Dementsprechend ist analog zu regulären Arbeitsverhältnissen eine Benachteiligung hinsichtlich des Rechts auf Berufsfreiheit anzunehmen bei Offenlegung der Eingangs genannten Aspekte. Insgesamt ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, und das Recht auf Berufsfreiheit deshalb nicht angemessen, insbesondere da auch mildere Mittel in Frage kämen wie beispielsweise die Zulassung einer Prüfungsabmeldung bis zum Beginn einer Prüfung.

Die Nennung von Funktionsstörungen ist nur bei einem Nachteilsausgleich angemessen. Es liegt im Belieben der einzelnen Person solch einen Nachteilsausgleich zu beantragen und ein adäquater Nachteilsausgleich erfordert die Kenntnis des Nachteils.

1) Siehe Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, WD 3 - 3000 - 108/18
2) Hochschulrahmengesetz, § 7

Quellen


Originale Vollversion

Wir fordern, dass zum Nachweis der krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Prüfungsunfähigkeit akzeptiert wird. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist dabei einer ärztlichen Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung gleichzusetzen.

Sollte das ursprünglich ausgestellte Attest nicht den Ansprüchen des Prüfungsausschusses genügen, obliegt es dem Prüfungsausschuss der jeweiligen Universität einen Amtsarzt/eine Amtsärztin hinzuzuziehen. Jedoch sollte auch deren Urteil unter ärztliche Schweigepflicht gestellt sein und nur hinsichtlich der Leistungsminderung und Prüfungsempfehlung ein Urteil abgegeben werden. Die Kosten für den Amtsarzt/die Amtsärztin sind dabei von der Universität zu übernehmen, um eine Benachteiligung finanziell schwächer gestellter Studierender zu verhindern.

In keinem Fall dürfen Studierende dazu gezwungen werden, Diagnosen oder Symptome gegenüber der Hochschule offenzulegen und somit medizinisches Fachpersonal von der Schweigepflicht zu entbinden. Dies stellt einen hoch unangemessenen sowie unnötigen Eingriff in die Intimsphäre der betroffenen Person dar.

Begründung:

Aus rechtlicher Sicht stehen Studierende, die von einer angemeldeten Prüfung aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten müssen, in der Beweispflicht ihrer Beeinträchtigung(en). Gleichzeitig sind sie durch die ärztliche Schweigepflicht geschützt.

Ärztliche Atteste dokumentieren hierbei die Leistungseinschränkung der Studierenden (z. B. in Bezug auf Konzentrationsfähigkeit) und entschuldigen sie aus ärztlicher Sicht für die spezifische Prüfungsart (z. B. schriftlich, mündlich, andere) bzw. empfehlen alternative Prüfungsformen entsprechend des Krankheitbildes. Derartige Einschätzungen liegen im Kompetenzbereich des Arztes/der Ärztin und ermöglichen eine einfachere Interpretation für Fachfremde.

Durch die Prüfungsordnungen der jeweiligen Hochschulen wird jedoch ein Zwang auf Studierende ausgeübt ihre Krankheitssymptome einem erweiterten Personenkreis mitzuteilen, da sie gezwungen sind über die Einreichung eines ärztlichen Attests hinaus die Krankheitssymptome ihrer Erkrankung gegenüber der prüfenden Person bzw. dem Prüfungsamt offenzulegen. Die zuständigen Prüfungsämter versuchen damit trotz mangelnder Fachkenntnisse im Nachhinein die Beeinträchtigung zum Prüfungszeitpunkt anhand der genannten Symptome einzuschätzen und abzuwerten.

Die Entscheidung, die Prüfungsunfähigkeit dem jeweiligen Prüfungssausschuss zu überlassen, führt zwangsläufig zu einer subjektiven und ungleichen Bewertung. Prüfungssausschüsse und ebenso Prüfungsämter sind nicht als unparteiische Richter anzusehen.

Einzelne Studierende befinden sich zudem als Angestellte der Universitäten in einem Abhängigkeitsverhältnis und befürchten, dass ihnen interne Karrierechancen durch bestimmte Beeinträchtigungen verwehrt werden. In der Realität werden Hilfswissenschaftler/Hilfswissenschaftlerinnen und zukünftige wissenschaftliche Mitarbeitende sowie freie Doktoranden/Doktorandinnen dazu genötigt, entweder ihre persönlichen Daten ihrem (zukünftigen) Arbeitgeber zu übermitteln oder Prüfungen unter verminderter Leistung durchzuführen. Besonders Krankheitsbilder, körperliche Beeinträchtigungen und Störungen mit sozialem Stigma (z. B. Depression) können aus der Offenlegung einzelner Krankheitssymptome mitunter erschlossen werden und bedrohen die Studierenden in intimen Bereichen ihrer Lebensführung.