KIF465:Resolutionen/Keine Beschneidung von Freiheitsrechten!

Aus KIF

Keine Beschneidung von Freiheitsrechten!

Sicherheitspolitik in Hessen verantwortungsvoll gestalten!

Alternative 1a

Die 46,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften fordert die Mitglieder des im Oktober 2018 neu
gewählten Hessischen Landtags dazu auf, die Sicherheitspolitik in Hessen verantwortungsvoll im Bezug auf unsere
Grundrechte zu gestalten ohne eine Beschneidung von Freiheitsrechten vorzunehmen.

Alternative 1b

Vor dem Hintergrund der in vielen Bundesländern anstehenden Reformen der Polizeigesetze fordert die
46,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften die Abgeordneten aller Länder dazu auf, sich auf
Landesebene für eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik im Bezug auf unsere Grundrechte einzusetzen und eine
Beschneidung von Freiheitsrechten auszuschließen.

Die 46,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften warnt davor, dass geplante und z.B. mit dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz bereits umgesetzte Überwachungsgesetze nur eine oberflächliche Beruhigung zuvor geschürter Ängste darstellen, jedoch zur Terrorismusprävention weitgehend ungeeignet sind.

Unabhängig davon verurteilt die Die 46,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften verurteilt eine weitreichende Überwachung der Gesamtbevölkerung, da diese jeden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin unter Generalverdacht stellt, und unter anderem der Unschuldsvermutung widerspricht.

Sie ist der Ansicht, dass jeder Mensch das Recht hat nicht unter dem Gefühl leiden zu müssen, ständig überwacht zu werden.

Die 46,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften ruft in diesem Zusammenhang die Resolution zu den Polizeigesetzen in Bayern und NRW der 46,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften in Erinnerung und lehnt insbesondere folgende im Wahlkampf geforderte Vorhaben ab:

  • die anlasslose und zeitlich uneingeschränkte Videoüberwachung öffentlicher Plätze
  • automatisierte Gesichtserkennung
  • Einsatz von Kennzeichenscannern und die Nutzung von LKW-Mautdaten zur Strafverfolgung
  • Rasterfahndung
  • jeglicher Einsatz von Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchung für Polizei und Landesamt für Verfassungsschutz
  • IP-Tracking im Polizeieinsatz
  • Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung
  • erweiterte DNA-Analysen zur Strafverfolgung
  • verdachtsunabhängige Personenkontrollen
  • „justizfreie Inhaftierungen“ über einen längeren Zeitraum
  • Gegenangriffe auf Cyberattacken, sog. „Hack backs“


Begründung

Aus dem offenen Brief der 36,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften an die Abgeordneten des Bundestags: »Vor dem Hintergrund „terroristischer Bedrohung“ wird in der Bevölkerung bewusst und systematisch Angst geschürt. Damit werden Überwachungsgesetze, die sich gegen praktisch jeden richten, begründet und umgesetzt. Diese stellen eine oberflächliche Beruhigung der zuvor geschürten Ängste dar, sind für den Schutz vor Anschlägen jedoch weitgehend ungeeignet.

Unabhängig davon ist eine weit reichende Überwachung der Gesamtbevölkerung zur Bekämpfung einer „terroristischen Gefahr“ unverhältnismäßig, da diese jeden einzelnen Bürger unter Generalverdacht stellt.

Das ständige Gefühl, möglicherweise überwacht zu werden, schränkt uns Bürgerinnen und Bürger in der Wahrnehmung wichtiger demokratischer Rechte wie Versammlungsfreiheit, freie Informationsbeschaffung und freie Meinungsäußerung ein, wie bereits 1983 vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil festgestellt wurde. In einer Gesellschaft, in der kritische Denkweisen und nonkonformes Verhalten die Angst vor Nachteilen nach sich ziehen, werden Konformismus und demokratische Unmündigkeit erzeugt; sie verarmt kulturell.«


Eine anlasslose und zeitlich uneingeschränkte Videoüberwachung öffentlicher Plätze, insbesondere in Kombination mit automatisierter Gesichtserkennung, der sog. „intelligenten Videoüberwachung“ erachten wir als unverhältnismäßig. Eine Vielzahl an Videokameras, insbesondere an häufig frequentierten Orten, ermöglicht weitgehende und automatisierte Überwachungsmöglichkeiten wie der Erstellung von individuellen Bewegungsprofilen einzelner Bürger und trägt nicht zu einer tatsächlichen Steigerung der Sicherheit bei. Der Abgleich biometrischer Daten unzähliger unbescholtener Passanten sowie die extreme Fehlerrate bei der Erkennung möglicher Straftäter machen diese Maßnahme zu keinem wirksamen Mittel der Kriminalitätsbekämpfung.

Der Einsatz automatischer Kennzeichenscanner, z.B. durch die Nutzung von LKW-Mautdaten, ist aufgrund der ebenfalls massiven Einschränkung von Freiheitsrechten und der Möglichkeit zur Erstellung von Echtzeit-Bewegungsprofilen ebenfalls abzulehnen.

Auch die von der CDU geforderte Einführung der Rasterfahrung lehnen wir nach der Resolution „Rasterfahndung“ der 29,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften entschieden ab.

Die in Juni diesen Jahres beschlossene Befugnis zum Einsatz von Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und Onlinedurchsuchung widersprechen dem in die Hessische Verfassung aufgenommen „Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz informationstechnischer Systeme“ und stellen einen tiefgreifenden Eingriff in die höchstpersönlichen Recht der Betroffenen dar. Befugnisse zum Einsatz von Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und Onlinedurchsuchung für das Landesamt für Verfassungsschutz lehnen wir ebenso ab, wie die Ausweitung polizeilicher Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung bei Wohnungseinbruchsdiebstahl sowie die Einführung heimlicher Betretungsrechte in private Wohnräume zum Zwecke der Infizierung dort befindlicher informationstechnischer Systeme mit staatlicher Spionagesoftware.

Hinsichtlich des geforderten IP-Tracking im Polizeieinsatz stellen wir fest: Wir begegnen hier derselben Problematik wie bei der Feststellung möglicher Urheberrechtsverletzungen durch Abmahn-Kanzleien: Eine alleinige Identifizierung von bestimmten Personen aufgrund der von ihnen genutzten IP-Adresse ist oftmals fehlerbehaftet und kann daher nicht im Rahmen der Strafverfolgung herangezogen werden.

Die erneute Forderung nach einer Einführung der Vorratsdatenspeicherung lehnen wir mit Verweis auf die Resolution zum „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ der 45,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften ebenso entschieden ab, wie die Abfrage von Telekommunikationsdaten zur Ermittlung von in der Vergangenheit liegenden Standortdaten.

Die erweiterte DNA-Analyse zur Abschätzung von Wahrscheinlichkeiten über äußere Körpermerkmale wie Augen-, Haar- oder Hautfarbe lehnen wir ebenso ab wie verdachtsunabhängige Personenkontrollen sowie eine längere präventive Gewahrsamnahme möglicher sog. „Gefährder“ („justizfreie Inhaftierung“).

Die Legitimierung von Gegenangriffen auf Cyberattacken stellt eine Gefahr für die allgemeine IT-Sicherheit unserer IT-Infrastruktur dar. Nutzen Angreifer beispielsweise die Infrastruktur eines Krankenhauses, um ihre wahre Identität zu verschleiern, so besteht die Gefahr, dass Strafverfolgungsbehörden aus Unachtsamkeit oder Unwissenheit einen Gegenangriff auf diese Anlagen durchführen und so wichtige Infrastruktur beschädigen. Mit Verweis auf die Resolution „Cyberpeace“ der 44,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften lehnen wir daher jegliche Legitimierung dieser sogenannten „Hack-Backs“ ab.

Quellen