KIF435:Resolutionen/Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Aus KIF

Resolution zur Novellierung des WissZeitVG

Die 43,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften steht den Änderungen im Rahmen der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes kritisch gegenüber. Wir begrüßen dabei sehr, dass durch die grundsätzliche Unterscheidung der Beschäftigungsarten mit der Novellierung des WissZeitVG bestehende Probleme in der Beschäftigung an Hochschulen angegangen werden. Durch den aktuellen Gesetzentwurf entstehen allerdings auch neue Probleme besonders für studentische Hilfskräfte, bei denen wir den Gesetzgeber auffordern:

  • eine eindeutige, gesetzliche Definition und Abgrenzung der aufgeführten Begrifflichkeiten zu schaffen (Tätigkeit mit dem Zweck der eigenen Qualifizierung und Hilfstätigkeit)
  • klare Regelungen zu schaffen, ab wann eine Befristung zulässig und ein Sachgrund anzugeben ist
  • eine Ausweitung der maximal zulässigen Befristungen festzulegen, sodass Studierende während der durchschnittlichen Studiendauer bis zur Erreichung eines Masters, Diploms, Magisters, Staatsexamens oder eines äquivalenten Abschlusses durchgängig an einer Hochschule beschäftigt sein können
  • bei Befristung von Stellen, die aus Drittmitteln bezahlt werden, vorzusehen, dass die Dauer mindestens der Mittelbewilligung entspricht, solange kein entsprechender Sachgrund vorliegt
  • die Regelungen für Eltern (gemäß §2 Abs. 1 Satz 4 und 5 sowie Abs. 5 WissZeitVG) auf Studierende gemäß § 6 zu erweitern
  • über die Novellierung des WissZeitVG hinaus eine einheitliche deutschlandweite gesetzliche Grundlage für studentische Personalvertretungen und die Aufhebung der sogenannten Tarifsperre in § 1 Abs. 1. zu etablieren




Begründungen und Erläuterungen zur Versendung und Weitergabe

Unterscheidung von qualifizierenden und nicht qualifizierenden Tätigkeiten

Wir unterstützen die Differenzierung, die zwischen der Tätigkeit mit dem Zweck der eigenen Qualifizierung und einer Hilfstätigkeit vorgenommen wird, da hierdurch Studierenden ermöglicht wird, ihr Studium anfangs sowohl durch eine Anstellung an der Hochschule zu finanzieren, als auch sich später im Rahmen einer bezahlten Tätigkeit fortzubilden. Leider werden Tätigkeiten, die der eigenen Qualifizierung dienen, weder definiert noch von wissenschaftlichen oder künstlerischen Hilfstätigkeiten abgegrenzt. Dies eröffnet die Möglichkeit, dass Hochschulen die Definition willkürlich und zu ihrem Vorteil wählen und es zu einer Benachteiligung durch unsachgemäße Anrechnung von Vertragslaufzeiten kommt. Wir fordern daher eine eindeutige, gesetzliche Definition und Abgrenzung der aufgeführten Begrifflichkeiten zu schaffen.

Befristung von Arbeitsverträgen

Es gibt weiterhin keine Regelung für die Mindestvertragslaufzeit von befristeten Arbeitsverträgen, wenn die Tätigkeiten bestimmten zeitlich begrenzten Zwecken dienen. In Anstellungen, die in §14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt werden, muss ein Sachgrund angegeben werden. Dies wird durch das WissZeitVG nicht verlangt und nur in den Begründungen der Novellierung immer wieder aufgeführt. Auch hier fordern wir zum Schutz der Angestellten klare Regelungen, ab wann eine Befristung zulässig und ein Sachgrund anzugeben ist.


Begrenzung der maximalen Befristungsdauer

Bereits der Kulturausschuss des Bundesrates hat die Verkürzung der maximalen Befristungsdauer auf 4 Jahre als problematisch eingestuft. Studienzeiten sind grundsätzlich sehr individuell und besonders Studierenden, die ihr Studium durch ihre Tätigkeit als Hilfskraft finanzieren, wird durch diese Regelung nach 4 Jahren ihre finanzielle Lebensgrundlage entzogen. Diese Problematik tritt bereits auf, wenn der Master-Abschluss in der Regelstudienzeit von 5 Jahren erreicht wird, was allerdings selten der Fall ist. Insbesondere die Arbeit in Lehre und Forschung oder das ehrenamtliche und meist unentgeltliche Engagement in der Hochschulpolitik sind elementar wichtig für die Hochschule, tragen aber häufig[1] zu einer deutlichen Verlängerung der Studiendauer[2] bei. Auch erscheint uns eine Übernahme der Hilfskräfte in ein festes Anstellungsverhältnis nach Ablauf der maximalen Befristungsdauer derzeit realitätsfern. Das Ende der Befristungsdauer stellt normalerweise gleichzeitig das Ende des Anstellungsverhältnisses dar. An dieser Stelle wird die Novellierung ihren Zielen nicht gerecht: Obwohl das Gesetz versucht, Kurzzeitbefristungen von 3 bis 6 Monaten zu verhindern, sieht das Gesetz keine Mechanismen dafür vor. Daher fordern wir eine Ausweitung der maximal zulässigen Befristungen festzulegen, sodass Studierende während der durchschnittlichen Studiendauer bis zur Erreichung eines Masters, Diploms, Magisters, Staatsexamens oder eines äquivalenten Abschlusses durchgängig an einer Hochschule beschäftigt sein können.

Befristung aufgrund von Drittmitteln

§2 Abs. 2 sieht aktuell vor, dass sich die Befristungsdauer von Stellen, die durch Drittmittel finanziert sind, an der Bewilligungsdauer der Mittel orientieren soll. Dies ermöglicht allerdings noch immer, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis kürzer dauert als die Laufzeit der Drittmittel, was für uns nicht akzeptabel ist. Zusätzlich sollte es aber möglich bleiben, dass Stellen, die durch Drittmittel finanziert werden, auch über die Bewilligungsdauer der Drittmittel hinaus bestehen bleiben, um begonnene Projekte weiterzuführen und zu vertiefen, damit vorhandene Erfahrung nicht durch unnötige Befristungen verloren geht. Gerade für aus Drittmitteln finanzierte Projekte sind Kontinuität und Kenntnisse aus dem bisherigen Projektverlauf elementar wichtig. Deshalb fordern wir bei Befristung von Stellen, die aus Drittmitteln bezahlt werden, vorzusehen, dass die Dauer mindestens der Mittelbewilligung entspricht, solange kein entsprechender Sachgrund vorliegt

Anrechnung der Elternzeit für Studierende mit Kind

Dadurch, dass studentische Hilfskräfte im WissZeitVG nun im gesonderten § 6 geregelt werden, entfällt für sie die Elternzeitregelung. Für die Erziehung von Kindern wird für Studierende keine Anrechnung der Elternzeit auf die maximal zulässige Beschäftigungsdauer gewährt. Auch eine Verlängerung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses um die Dauer der Elternzeit nach §2 Abs. 5 ist für Studentische Hilfskräfte in der aktuellen Novelle nicht vorgesehen. Junge Eltern sind auf das Einkommen aus Arbeit angewiesen, sodass ein Ende des Beschäftigungsverhältnisses sie in große Existenznöte bringt, wenn die maximale Befristungsdauer erreicht wurde. Eine Familienplanung während des Studiums darf jedoch nicht erschwert werden. Wir fordern daher, die Regelungen für Eltern (§2 Abs. 1 Satz 4 und 5 sowie Abs. 5) wieder auf Studierende gemäß § 6 zu erweitern.


Personalvertretungen für studentische Hilfskräfte an wissenschaftlichen Einrichtungen

Damit eine Umsetzung der oben geforderten Rechte studentischer Hilfskräfte an wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland sowie eine Interessensvertretung darüber hinaus statt findet, bedarf es einer gemeinsamen Stimme. Studentische Hilfskräfte bilden an Hochschulen zur Zeit eine Gruppe von prekär Beschäftigten, denen es nicht möglich ist, sich geschlossen für eine Besserung oder ein bestehendes Recht einzusetzen. Im Vergleich mit der Gruppe der wissenschaftlich Beschäftigten wird studentischen bzw. wissenschaftlichen Hilfskräften jedoch kein Recht zur Personalvertretung und Tarifvereinbarung gewährt. Um eine effektive Interessensvertretung sowohl für Hilfskräfte als auch für wissenschaftlich Beschäftigte zu ermöglichen, ist es nötig, §1 Abs. 1 im WissZeitVG anzupassen. Dieser schließt derzeit aus, dass von den Befristungsregelungen durch Tarifvereinbarungen abgewichen werden kann und schränkt damit den Handlungsspielraum einer Interessensvertretung in einem hohen Maße ein. Deshalb fordern wir über die Novellierung des WissZeitVG hinaus eine einheitliche deutschlandweite gesetzliche Grundlage für studentische Personalvertretungen und die Aufhebung der sogenannten Tarifsperre in § 1 Abs. 1.

Referenzen

  1. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/02/PD14_037_213.html
  2. Laut Kapitel 6.2.2 der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) sind momentan 63 % der Studierenden auf Einnahmen aus Erwerbstätigkeit angewiesen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gleichzeitig bedingt laut der Sozialerhebung des DSWs eine Erwerbstätigkeit neben dem Studium oft auch eine längere Studiendauer. Somit wird insbesondere Studierenden, die für ihren Lebensunterhalt auf die Einnahmen aus einer Tätigkeit als studentische Hilfskraft angewiesen wird, die Möglichkeit genommen, sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.


Dateien

Resolutionsentwurf des AKs als odt

Link zum AK im Wiki

Wissenschaftszeitvertragsgesetz (AK)