KIF525:Resolutionsentwürfe/Symptomabfrage bei Prüfungsunfähigkeit

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Version vom 20. Oktober 2024, 14:21 Uhr von Erik (Diskussion | Beiträge) (Links zu Quelle für Formulare umformuliert und Uni Potsdam hinzu)
Informationen zu diesem Resolutionsentwurf:
Ansprechperson: Joey (HU Berlin) und Erik (HU Berlin) (Kontakt über fsini.informatik (at) lists.hu-berlin.de)
AK: Krankschreibungen – Hilfe meine Uni will meine Krankheiten kennen und wird zur Ärzt:in
Reso polieren: Poliert
Zwischenplenum:



Die 52,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften fordert die Ärztekammern in Deutschland auf, sich eindeutig gegen die Verfahrensweise zu positionieren, bei welcher Studierende vieler Bundesländer bei einem krankheitsbedingten Prüfungsrücktritt genötigt werden, ihre Symptome gegenüber der jeweiligen Hochschule offenzulegen. Nachdem dieses Verfahren bereits in einigen Hochschulen gängige Praxis ist, wird an verschiedenen Hochschulen dieses Verfahren wieder diskutiert und sogar teilweise neu eingeführt[1]. Bereits 2010 hat sich die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein in einer Entschließung „aufs Schärfste“ dagegen ausgesprochen[2][3].

Folgend entschied das nordrhein-westfälische Landesparlament 2014 entsprechende Änderungen im Hochschulgesetz vorzunehmen. Resultierend aus dieser Novelle sichert der § 63 Abs. 7[4] zu, dass eine ärztliche Bescheinigung ausreichend ist. Sollte die Hochschule aufgrund „tatsächlicher Anhaltspunkte“ Zweifel an der Bescheinigung haben und eine zusätzliche Begutachtung durch Vertrauensärzt:innen verlangen, so trägt die Hochschule die hierfür entstehenden Kosten. Zudem muss die oder der Studierende eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Vertrauensärzt:innen haben. Nicht ausgeschlossen wird, dass den Studierenden für das Einholen einer ärztlichen Bescheinigung Kosten entstehen können. Dies gilt es zu ändern, indem die Hochschule Nachweise zu akzeptieren hat, welche von Ärzt:innen ohne Zuzahlungen der Studierenden erhältlich sind, wie z. B. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Die 52,5. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften fordert die Landesparlamente auf, ihre Hochschulgesetze so zu überarbeiten, dass die vorher genannten Zusicherungen aufgenommen werden.

Begründung

Auf vergangenen Konferenzen der deutschsprachigen Informatikfachschaften (KIF), konkret der KIF 42,0[5], der KIF 47,5[6] und der KIF 51,0[7] wurden Resolutionen gefasst, die sich gegen die verpflichtende Offenlegung von Symptomen stellen. Dennoch finden sich weiterhin Studierende vieler Bundesländer in der Situation, ihre Symptome bei krankheitsbedingtem Prüfungsrücktritt den zuständigen Prüfungsämtern/-büros/-ausschüssen als Rechtfertigung offenlegen zu müssen. Hier sei erneut genannt, welche Probleme in dieser Praxis liegen:

  • Wahrung des Ärzt:in-Patient:innen-Geheimnisses: Dabei handelt es sich um ein fundamentales Element des Vertrauensverhältnisses zwischen Ärzt:in und Patient:innen. Die erzwungene Aufhebung der Schweigepflicht durch die Weitergabe sensibler Gesundheitsinformationen an Dritte stellt eine gravierende Verletzung dieses Grundsatzes dar.
  • Datenschutz und Persönlichkeitsrechte: Die Forderung nach der Offenlegung von Symptomen gegenüber Hochschulen verstößt gegen die Datenschutzrichtlinien, greift in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein und untergräbt das Recht der Patient:innen auf informationelle Selbstbestimmung. Insbesondere ist an vielen Hochschulen für Studierende nicht nachvollziehbar, über welchen Zeitraum diese sensiblen Daten gespeichert werden und welche Personengruppen darauf Zugriff erhalten. Zudem läuft die Übermittlung dieser Informationen an vielen Hochschulen per E-Mail an Gruppenpostfächer.
  • Gleichbehandlung aller Studierenden: Es muss sichergestellt werden, dass alle Studierenden gleichbehandelt werden und sie keine Diskriminierung aufgrund gesundheitlicher Probleme erfahren. Die Offenlegung von Symptomen könnte zu Vorurteilen und ungerechtfertigten Nachteilen führen. Insbesondere wenn Menschen über die Anträge entscheiden, bei denen die Studierenden zukünftig noch Prüfungen, Abschlussarbeiten oder gar eine wissenschaftliche Karriere anstreben.
  • Kosten: Im Gegensatz zu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gibt es für das Ausfüllen der Hochschulformulare durch die Ärzt:innen keine Kostenübernahme der Krankenkassen. Hier entstehen Studierenden benachteiligende Kosten.
  • Entlastung der Ärzt:innen: Das Ausfüllen von nicht standardisierten Formularen kostet Ärzt:innen wertvolle Zeit, die in Zeiten von Überlastung von Arztpraxen, besser in das Versorgen von andere Patient:innen gesteckt werden sollte.
  • Beurteilung durch Laien: Die Beurteilung der Prüfungsunfähigkeit durch nicht medizinisch geschulte Mitglieder der Hochschule führt in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise zu willkürlichen Ergebnissen.

Diese Praxis erkannte schon die Ärztekammer Nordrhein 2010 als „diskriminierend“ und stellte sich mit einer Entschließung vom 20.11.2010[8] stark dagegen. Wir stellen positiv fest, dass im Gesetzgebungsverfahren zur Hochschulgesetz-Novelle im nordrhein-westfälischen Landesparlament auf diese Entschließung Bezug genommen wurde und die Zusicherungen ins Hochschulgesetz aufgenommen wurden.

Lediglich im Thüringer Hochschulgesetz gibt es mit §54 Absatz 11[9] einen ähnlichen Passus, dem jedoch das Zustehen einer Wahlmöglichkeit fehlt. Allen anderen Bundesländern fehlt nach unserem besten Wissen und Gewissen eine Regelung zur Unterbindung der Symptomweitergabe. Da in Nordrhein-Westfalen die Entschließung der dortigen Ärztekammer der Start des Prozesses zur Besserung war, erhoffen wir uns, dass ähnliche Entschließungen der Ärztekammern anderer Bundesländer oder der Bundesärztekammer die übrigen Bundesländer zu Änderungen bewegen werden und adressieren daher hauptsächlich die Ärztekammern in dieser Resolution.