KIF460:Resolutionen/Polizeiaufgabengesetz Bayern und Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Konferenz der Informatikfachschaften hat sich in drei Arbeitskreisen über 9 Stunden mit den beiden Polizeigesetzen auseinander gesetzt. Dabei spielten für uns vor allem jene Aspekte eine Rolle, mit denen wir uns in unserem Studium beschäftigen.
 
In den Arbeitskreisen haben die Teilnehmenden etwas weniger als die Hälfte aller Artikel des bayerischen Änderunggesetzes durchgearbeitet. Aufgrund der Vielzahl der Änderungen und des Diskussionspotenitals der einzelnen Änderungen möchte der AK darauf hinweisen, dass man sich nicht positiv und auch nicht negativ zu den nicht behandelten Änderungen äußert. Dabei kamen unterschiedliche Beispiele zusammen, bei denen die Teilnehmenden des AK Bedenken äußerten.
 
- Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 b. Begriff der "drohenden Gefahr"
- Art. 22 Abs. 2 "Durchsuchung von Sachen", räumlich getrennte Speichermedien
- Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 "Betreten von Wohnungen"
- Art. 32 "Erhebung von molekulargenetischen Daten"
- Art. 33 Abs. 4 und 5 "Offene Bild- und Tonaufnahmen"
- Art. 35 "Postsicherstellung"
- Art. 36 Besondere Mittel der Datenerhebung
- Art. 46 Rasterfahndung
- Art. 47a Überwindung besonderer Sicherungen
- usw.
 
Dies sind nur wenige Beispiele. Mit diesen Beispielen möchten die Teilnehmenden des AK's heraus heben, in welchem Sinne diese Gesetz geschrieben ist. So spielt der Schutz vor einer etwaigen möglichen Bedrohung durch terroristische Anschläge für die Staatsregierung eine signifikant wichtigere Rolle als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Bürger\*innen.
 
Wir möchten in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Risiken durch den neu kontextuierten Begriff der "drohenden Gefahr" hinweisen, dabei vor allem auf den Artikel "Abstrakte Gefahr als Eingriffsvoraussetzung" [6]. Es ist als sehr kritisch zu betrachten, dass dieser Begriff aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes herausgerissen und in einen allgemeinen Zusammenhang gesetzt wird.
 
Die mit dem Gesetzesentwurf des Polizeigesetzes in NRW angestrebte Verschiebung der Strafbarkeitsgrenze schafft Rechtsunsicherheit und definiert strafbehaftetes Verhalten neu. Wesentliche Begriffe der Voraussetzungen für die Durchführung polizeilicher Maßnahmen sind undefiniert und bieten ein großes Missbrauchspotential. Dies wird zum einen zur Anwendung völlig unverhätnissmäßiger Maßnahmen führen und den Rahmen, den das Grundgesetz setzt, weit sprengen. Zum anderen führt die Angst, bspw. durch Beschaffen und Lesen bislang legaler Informationen zukünftig kriminalisiert zu werden und in das Visier der Überwachungsbehörden zu geraten, bei der Mehrzahl der Bürger zu konformistischem Verhalten und untergräbt dadurch den für eine Demokratie wichtigen Prozess des informierten kritischen Diskurses.
 
Allgemein sind die Teilnehmenden der Arbeitskreise der Meinung, dass wir derzeit eine gute Sicherheitslage in Deutschland haben. Insbesondere im historischen Kontext befinden wir uns in sehr friedlichen Verhältnissen. Daher ist es nicht verständlich, woher die Notwendigkeit entsteht für ein derartiges Gesetz, welches die freiheitlichen Rechte der Bürger\*innen in diesem Maße einschränkt.
Die Teilnehmenden der Arbeitskreise weisen an dieser Stelle auf die Zeit der RAF (Rote Armee Fraktion) hin. In dieser Zeit nutzte das BKA (Bundeskriminalamt) Rasterfahndung, massenhafte Datenerhebung, -speicherung, -klassifizierung und -auswertung. Bereits in dieser Zeit warfen nicht nur Datenschützer\*innen dem damaligen BKA-Chef Horst Herold vor, den\*die gläserne\*n Bürger\*in schaffen zu wollen. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, dass das massenhafte Erheben, Speichern, Klassifizieren und Auswerten von Daten keinerlei Straftaten verhindert. London, Paris und Madrid sind ebenfalls Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die zeigen, dass keine Überwachung der Welt Terroranschläge verhindern kann. Wir möchten darauf hinweisen, dass eine große Menge von Daten nicht automatisch bedeutet, dass aus ihr auch Schlüsse gezogen werden können: "Wir finden die Nadel im Heuhaufen nicht, also brauchen wir mehr Heu." [7]
 
Im Laufe der Diskussionen in den Arbeitskreise kristalisierte sich auch insbesondere die Befürchtung heraus, dass die der Polizei zugestandenen Kompetenzen durch einige Mitglieder der Polizei missbräuchlich genutzt werden können. Diese Befürchtung wird vor allem durch den Wegfall des richterlichen Vorbehalts beispielsweise im Art. 25 "Sicherstellung von Sachen" im bayerischen Polizeiaufgabengesetz unterstützt. Hier können bei drohender Gefahr Daten sichergestellt werden und der Zugriff hierauf ausgeschlossen werden, jedoch ohne eine richterliche Anordnung.
 
Die Teilnehmenden der Arbeitskreise sehen ein großes Problem darin, dass Horst Seehofer bereits angekündigt hat, das dann neu gefasste Polizeiaufgabengesetz aus Bayern als Vorlage für ein Muster-Polizeiaufgabengesetz zu nutzen. Diesem Ansinnen stehen die Teilnehmenden des AK's extrem kritisch gegenüber.
 
Wir fordern die bayerische Staatsregierung dazu auf, diesen Gesetzesentwurf zurückzuziehen, ein Anhörungsverfahren mit Expert\*innen aller Fachbereiche - insbesondere für den Bereich der IT - und genug Zeit und Raum für inhaltliche Diskussionen zuzulassen und die Proteste gegen das Gesetz als demokratisch legitim anzuerkennen. Des Weiteren wird angemerkt, dass der Umgang von Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung mit den Protesten gegen das Gesetz keinesfalls dem guten demokratischen Ton entspricht. Menschen vorzuwerfen, sie wären durch "Lügenpropaganda" "verblendet" worden, ist einer demokratisch gewählten Regierung nicht würdig.
 
Wir kritisieren nachdrücklich die geplante und unverhältnissmäßige Nutzung von Technik wie sogenannter "intelligenter Videoüberwachung". Es ist nicht mit einem demokratischen Freiheitsverständnis vereinbar, dass das das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) zu einer lückenlosen Überwachung aller Personen in Bayern, Deutschland und darüber hinaus führen kann.
 
Die Durchsuchung von räumlich getrennten Speichermedien wird als hochgradig problematisch betrachtet, da der betroffene Personenkreis und die betroffenen Speichermedien unter Umständen unüberschaubar groß werden können. Wir bezweifeln, ob die Polizei die personellen Mittel und die fachlichen Kenntnisse zur Verarbeitung dieser Datenmengen hat. Zudem kritisieren wir, dass auf diese Weise das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Bürger\*innen verletzt wird.
 
Es ist festzuhalten, dass die Begründung des Gesetzestextes weitergehende Befugnisse ermöglicht, als nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu rechtfertigen sind. Des Weiteren sind unter anderem die Begriffe der "drohenden Gefahr", "Explosivmittel" und "unbemanntes Luftfahrtsystem (Drohne)" sowie deren weitere technische Ausstattung weder in der Begründung noch im Gesetzestext hinreichend (wohl)definiert.
 
Unbeteiligte Dritte sollten nicht verpflichtet werden, mit der Polizei kooperieren zu müssen, um ihr bei der Beschaffung von personenbezogen Daten zu helfen. Insbesondere sollen sie nicht verpflichtet werden können, personenbezogene Daten aus privaten, nicht-öffentlichen Datenbeständen an die Polizei zu übermitteln oder verdeckt für die Polizei technische Sicherungen zu überwinden, sowie der Polizei Daten und Hilfsmittel zu Überwindung technischer Sicherungen zur Verfügung zu stellen.

Version vom 12. Mai 2018, 21:50 Uhr

Die 46,0. Konferenz der Informatikfachschaften in Bremen spricht sich deutlich gegen das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) aus.

Die 46,0. Konferenz der Informatikfachschaften in Bremen spricht sich absolut und fundamental dagegen aus, dieses Gesetz als mögliches Muster für alle Polizeigesetze in Deutschland zu nutzen.

Die 46,0. Konferenz der Informatikfachschaften in Bremen kritisiert nachdrücklich die bayerische Landesregierung für ihre unreflektierte und von Unkenntnis gezeichnete Nutzung neuer Techniken wie sogenannter "intelligenter Videoüberwachung". Die bayerische Landesregierung geht von einem statistischen Fall aus, doch in der Strafverfolgung geht der statistischen Fall zu ungunsten des Einzelfalles. Die bayerische Staatsregierung demonstriert Unverständnis in informatischen und datenschutztechnischen Grundlagen. Die Durchsuchung von räumlich getrennten Speichermedien wird als hochgradig problematisch betrachtet, da der betroffene Personenkreis und die betroffenen Speichermedien unter Umständen unüberschaubar groß werden kann. Neben der Tatsache, dass angezweifelt wird, ob die Polizei die personellen Mittel und die fachlichen Kenntnisse zur Verarbeitung dieser Datenmengen hat, muss kritisiert werden, dass auf diese Weise das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Bürger\*innen verletzt wird. Der Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen zur Datenerhebung wird als kritisch betrachtet, insbesondere die fehlende Definition des Begriffs "unbemanntes Luftfahrtsystem" sowie die weitere technische Ausstattung.

Die 46,0. Konferenz der Informatikfachschaften in Bremen prangert an, dass das das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) zu einer lückenlosen Überwachung aller Personen in Bayern, Deutschland und daüber hinaus führen kann.

Es ist festzuhalten, dass die Begründung des Gesetzestextes weitergehende Befugnisse ermöglichen, als nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu rechtfertigen sind. Des Weiteren sind unter anderem die Begriffe der "drohenden Gefahr", "Explosivmittel" und "unbemanntes Luftfahrtsystem (Drohne)" weder in der Begründung noch im Gesetzestext hinreichend (wohl)definiert.

Die 46,0. Konferenz der Informatikfachschaften in Bremen fordert die bayerische Staatsregierung dazu auf, diesen Gesetzesentwurf zurückzuziehen, ein Anhörungsverfahren mit Expert*innen aller Fachbereiche - insbesondere für den Bereich der IT - und genug Zeit und Raum für inhaltliche Diskussionen zuzulassen und die Proteste gegen das Gesetz als demokratisch legitim anzuerkennen.


Begründung


Im AK haben Teilnehmende der 46,0. KIF etwas weniger als die Hälfte aller Artikel des Änderunggesetzes durchgearbeitet. Aufgrund der Vielzahl der Änderungen und des Diskussionspotenitals der einzelnen Änderungen möchte der AK darauf hinweisen, dass man sich nicht positiv und auch nicht negativ zu den nicht behandelten Änderungen äußert. Dabei kamen unterschiedliche Beispiele zusammen getragen, bei denen die Teilnehmenden des AK Bedenken äußerten.

  • Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 b. Begriff der "drohenden Gefahr"
  • Art. 22 Abs. 2 "Durchsuchung von Sachen", räumlich getrennte Speichermedien
  • Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 "Betreten von Wohnungen"
  • Art. 32 "Erhebung von molekulargenetischen Daten"
  • Art. 33 Abs. 4 und 5 "Offene Bild- und Tonaufnahmen"
  • Art. 35 "Postsicherstellung"
  • Art. 36 Besondere Mittel der Datenerhebung

Dies sind nur wenige Beispiele. Mit diesen Beispielen möchten die Teilnehmenden des AK's heraus heben, in welchem Sinne diese Gesetz geschrieben ist. So spielt der Schutz vor einer etwaigen möglichen Bedrohung durch terroristische Anschläge für die Staatsregierung eine signifikant wichtigere Rolle als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Bürger\*innen.

In diesem Sinne sind die Teilnehmenden des AK's der Meinung, dass derzeit die Sicherheitslage in Deutschland sehr gut ist. Insbesondere im historischen Kontext befinden wir uns in sehr friedlichen Verhältnissen. Daher ist es nicht verständlich, woher die Notwendigkeit entsteht für ein derartiges Gesetz, welches die freiheitlichen Rechte der Bürger\*innen in diesem Maße einschränkt. Die Teilnehmenden des AK's weisen an dieser Stelle auf die Zeit der RAF (Rote Armee Fraktion) hin. In dieser Zeit nutze das BKA (Bundeskriminalamt) Rasterfahndung, massenhafte Datenerhebung ,-speicherung, -klassifizierung und -auswertung. Bereits in dieser Zeit warfen nicht nur Datenschützer\*innen dem damaligen BKA-Chef Horst Herold vor, den\*die gläserne\*n Bürger\*in schaffen zu wollen. In dieser Zeit bestand im Vergleich zu heute eine Bedrohungssituation. Vor diesem Hintergrund werden die Kompetenzen, die der Polizei in diesem Gesetz zu gesprochen werden sollen, deutlich weitergehenden sind als die des BKA in der Zeit der RAF.

Im Laufe des AK's kristalisierte sich auch insbesondere die Befürchtung heraus, dass die der Polizei zugestandenen Kompetenzen durch einige Mitglieder der Polizei missbräuchlich genutzt werden können. Diese Befürchtung wird vor allem durch den Wegfall des richterlichen Vorbehalts beispielsweise im Art. 25 "Sicherstellung von Sachen". Hier können bei drohender Gefahr Daten sichergestellt werden und der Zugriff hierauf ausgeschlossen werden, jedoch ohne eine richterliche Anordnung.

Die Teilnehmenden des AK's sehen ein großes Problem darin, dass Horst Seehofer bereits angekündigt hat, das dann neu gefasste Polizeiaufgabengesetz aus Bayern als Vorlage für ein Muster-Polizeiaufgabengesetz zu nutzen. Diesem Ansinnen stehen die Teilnehmenden des AK's extrem kritisch gegenüber.

Des Weiteren möchte der AK anmerken, dass der Umgang von Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung mit den Protesten gegen das Gesetz keinesfalls dem guten demokratischen Ton entspricht. Menschen vorzuwerfen, sie wären durch "Lügenpropaganda" "verblendet" worden, ist einer demokratisch gewählten Regierung nicht würdig.

Poliert

Die KIF findet's doof.


Die 46,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften spricht sich aufgrund eklatanter Grundrechtsmängel und Verstöße gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht gegen den Gesetzesentwurf zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (Kopie) aus.

Die 46,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften spricht sich dagegen aus, dieses Gesetz als Muster für alle Polizeigesetze in Deutschland zu nutzen.

Poliert - Teil 2

Die 46,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften spricht sich aufgrund eklatanter Grundrechtsmängel, sowie Verstöße gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht gegen den Gesetzesentwurf zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) [4] und gegen den Gesetzesentwurf zur Stärkung der Sicherheit in Nordrhein-Westfalen (Sicherheitspaket 1) [5] aus.

Die 46,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften spricht sich dagegen aus, diese Gesetze als Muster für alle Polizeigesetze in Deutschland zu nutzen.

Die 46,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften schließt sich in den wesentlichen Punkten, insbesondere im Hinblick auf die Ausweitung der Überwachung der Telekommunikation, der Videoüberwachung, des Eingriffs in Informationstechnische Systeme und der elektronischen Aufenthaltsüberwachung, sowie der Mitwirkungspflicht von Diensteanbietern der Presseerklärung der Strafverteidigervereinigung NRW e.V. [6] an.

Die KIF bestärkt in diesem Zusammenhang die Resolutionen der KIF 35,0 "Offener Brief zur Inneren Sicherheit", KIF 36,5 "Überwachung" und insbesondere KIF 36,0 "Anti-Terrorgesetze". [1] [2] [3]


[1] https://kif.fsinf.de/wiki/KIF350:Arbeitskreise/Sicherheit_-_offener_Brief_-_Formulierung

[2] https://kif.fsinf.de/wiki/KIF365:Reso%C3%9Cberwachung

[3] https://kif.fsinf.de/wiki/KIF360:Anti-Terrorgesetze

[4] https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000013000/0000013038.pdf

[5] Drucksache 17/2351 https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-2351.pdf

[6] http://strafverteidigervereinigung-nrw.de/files/presseerklaerung_der_strafverteidigervereinigung_nrw_e.v.pdf

Begründung

Die Konferenz der Informatikfachschaften hat sich in drei Arbeitskreisen über 9 Stunden mit den beiden Polizeigesetzen auseinander gesetzt. Dabei spielten für uns vor allem jene Aspekte eine Rolle, mit denen wir uns in unserem Studium beschäftigen.

In den Arbeitskreisen haben die Teilnehmenden etwas weniger als die Hälfte aller Artikel des bayerischen Änderunggesetzes durchgearbeitet. Aufgrund der Vielzahl der Änderungen und des Diskussionspotenitals der einzelnen Änderungen möchte der AK darauf hinweisen, dass man sich nicht positiv und auch nicht negativ zu den nicht behandelten Änderungen äußert. Dabei kamen unterschiedliche Beispiele zusammen, bei denen die Teilnehmenden des AK Bedenken äußerten.

- Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 b. Begriff der "drohenden Gefahr" - Art. 22 Abs. 2 "Durchsuchung von Sachen", räumlich getrennte Speichermedien - Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 "Betreten von Wohnungen" - Art. 32 "Erhebung von molekulargenetischen Daten" - Art. 33 Abs. 4 und 5 "Offene Bild- und Tonaufnahmen" - Art. 35 "Postsicherstellung" - Art. 36 Besondere Mittel der Datenerhebung - Art. 46 Rasterfahndung - Art. 47a Überwindung besonderer Sicherungen - usw.

Dies sind nur wenige Beispiele. Mit diesen Beispielen möchten die Teilnehmenden des AK's heraus heben, in welchem Sinne diese Gesetz geschrieben ist. So spielt der Schutz vor einer etwaigen möglichen Bedrohung durch terroristische Anschläge für die Staatsregierung eine signifikant wichtigere Rolle als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Bürger\*innen.

Wir möchten in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Risiken durch den neu kontextuierten Begriff der "drohenden Gefahr" hinweisen, dabei vor allem auf den Artikel "Abstrakte Gefahr als Eingriffsvoraussetzung" [6]. Es ist als sehr kritisch zu betrachten, dass dieser Begriff aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes herausgerissen und in einen allgemeinen Zusammenhang gesetzt wird.

Die mit dem Gesetzesentwurf des Polizeigesetzes in NRW angestrebte Verschiebung der Strafbarkeitsgrenze schafft Rechtsunsicherheit und definiert strafbehaftetes Verhalten neu. Wesentliche Begriffe der Voraussetzungen für die Durchführung polizeilicher Maßnahmen sind undefiniert und bieten ein großes Missbrauchspotential. Dies wird zum einen zur Anwendung völlig unverhätnissmäßiger Maßnahmen führen und den Rahmen, den das Grundgesetz setzt, weit sprengen. Zum anderen führt die Angst, bspw. durch Beschaffen und Lesen bislang legaler Informationen zukünftig kriminalisiert zu werden und in das Visier der Überwachungsbehörden zu geraten, bei der Mehrzahl der Bürger zu konformistischem Verhalten und untergräbt dadurch den für eine Demokratie wichtigen Prozess des informierten kritischen Diskurses.

Allgemein sind die Teilnehmenden der Arbeitskreise der Meinung, dass wir derzeit eine gute Sicherheitslage in Deutschland haben. Insbesondere im historischen Kontext befinden wir uns in sehr friedlichen Verhältnissen. Daher ist es nicht verständlich, woher die Notwendigkeit entsteht für ein derartiges Gesetz, welches die freiheitlichen Rechte der Bürger\*innen in diesem Maße einschränkt. Die Teilnehmenden der Arbeitskreise weisen an dieser Stelle auf die Zeit der RAF (Rote Armee Fraktion) hin. In dieser Zeit nutzte das BKA (Bundeskriminalamt) Rasterfahndung, massenhafte Datenerhebung, -speicherung, -klassifizierung und -auswertung. Bereits in dieser Zeit warfen nicht nur Datenschützer\*innen dem damaligen BKA-Chef Horst Herold vor, den\*die gläserne\*n Bürger\*in schaffen zu wollen. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, dass das massenhafte Erheben, Speichern, Klassifizieren und Auswerten von Daten keinerlei Straftaten verhindert. London, Paris und Madrid sind ebenfalls Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die zeigen, dass keine Überwachung der Welt Terroranschläge verhindern kann. Wir möchten darauf hinweisen, dass eine große Menge von Daten nicht automatisch bedeutet, dass aus ihr auch Schlüsse gezogen werden können: "Wir finden die Nadel im Heuhaufen nicht, also brauchen wir mehr Heu." [7]

Im Laufe der Diskussionen in den Arbeitskreise kristalisierte sich auch insbesondere die Befürchtung heraus, dass die der Polizei zugestandenen Kompetenzen durch einige Mitglieder der Polizei missbräuchlich genutzt werden können. Diese Befürchtung wird vor allem durch den Wegfall des richterlichen Vorbehalts beispielsweise im Art. 25 "Sicherstellung von Sachen" im bayerischen Polizeiaufgabengesetz unterstützt. Hier können bei drohender Gefahr Daten sichergestellt werden und der Zugriff hierauf ausgeschlossen werden, jedoch ohne eine richterliche Anordnung.

Die Teilnehmenden der Arbeitskreise sehen ein großes Problem darin, dass Horst Seehofer bereits angekündigt hat, das dann neu gefasste Polizeiaufgabengesetz aus Bayern als Vorlage für ein Muster-Polizeiaufgabengesetz zu nutzen. Diesem Ansinnen stehen die Teilnehmenden des AK's extrem kritisch gegenüber.

Wir fordern die bayerische Staatsregierung dazu auf, diesen Gesetzesentwurf zurückzuziehen, ein Anhörungsverfahren mit Expert\*innen aller Fachbereiche - insbesondere für den Bereich der IT - und genug Zeit und Raum für inhaltliche Diskussionen zuzulassen und die Proteste gegen das Gesetz als demokratisch legitim anzuerkennen. Des Weiteren wird angemerkt, dass der Umgang von Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung mit den Protesten gegen das Gesetz keinesfalls dem guten demokratischen Ton entspricht. Menschen vorzuwerfen, sie wären durch "Lügenpropaganda" "verblendet" worden, ist einer demokratisch gewählten Regierung nicht würdig.

Wir kritisieren nachdrücklich die geplante und unverhältnissmäßige Nutzung von Technik wie sogenannter "intelligenter Videoüberwachung". Es ist nicht mit einem demokratischen Freiheitsverständnis vereinbar, dass das das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) zu einer lückenlosen Überwachung aller Personen in Bayern, Deutschland und darüber hinaus führen kann.

Die Durchsuchung von räumlich getrennten Speichermedien wird als hochgradig problematisch betrachtet, da der betroffene Personenkreis und die betroffenen Speichermedien unter Umständen unüberschaubar groß werden können. Wir bezweifeln, ob die Polizei die personellen Mittel und die fachlichen Kenntnisse zur Verarbeitung dieser Datenmengen hat. Zudem kritisieren wir, dass auf diese Weise das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Bürger\*innen verletzt wird.

Es ist festzuhalten, dass die Begründung des Gesetzestextes weitergehende Befugnisse ermöglicht, als nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu rechtfertigen sind. Des Weiteren sind unter anderem die Begriffe der "drohenden Gefahr", "Explosivmittel" und "unbemanntes Luftfahrtsystem (Drohne)" sowie deren weitere technische Ausstattung weder in der Begründung noch im Gesetzestext hinreichend (wohl)definiert.

Unbeteiligte Dritte sollten nicht verpflichtet werden, mit der Polizei kooperieren zu müssen, um ihr bei der Beschaffung von personenbezogen Daten zu helfen. Insbesondere sollen sie nicht verpflichtet werden können, personenbezogene Daten aus privaten, nicht-öffentlichen Datenbeständen an die Polizei zu übermitteln oder verdeckt für die Polizei technische Sicherungen zu überwinden, sowie der Polizei Daten und Hilfsmittel zu Überwindung technischer Sicherungen zur Verfügung zu stellen.