KIF490:Resolutionsentwürfe/Durchführung von Onlinewahlen an Hochschulen im Nachgang der Corona-Pandemie: Unterschied zwischen den Versionen
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Während der SARS-CoV-2-Pandemie haben zahlreiche Hochschulen ihre Wahlordnungen angepasst, um Gremienwahlen online abzuhalten. Diesen häufig kurzfristig durchgeführten Umstieg i.d.R. von Urnenwahlen halten wir unter Berücksichtigung der Pandemiesituation für durchaus verständlich, erkennen jedoch insbesondere in deren praktischen Realisationen grundsätzliche Gefahren für die Demokratie an Hochschulen und für die Legitimation von Gremienvertreter*innen. | Während der SARS-CoV-2-Pandemie haben zahlreiche Hochschulen ihre Wahlordnungen angepasst, um Gremienwahlen online abzuhalten. Diesen häufig kurzfristig durchgeführten Umstieg i.d.R. von Urnenwahlen halten wir unter Berücksichtigung der Pandemiesituation für durchaus verständlich, erkennen jedoch insbesondere in deren praktischen Realisationen grundsätzliche Gefahren für die Demokratie an Hochschulen und für die Legitimation von Gremienvertreter*innen. | ||
Die 49,0 | Die {{KIF|49,0}} schließt sich den Forderungen der KIF 46,0 zu Elektronischen Wahlen<ref>https://wiki.kif.rocks/wiki/KIF460:Resolutionen/Elektronische_Wahlen</ref><ref>https://wiki.kif.rocks/wiki/KIF460:Resolutionen/Ablehnung_der_Online-Wahl_von_Polyas</ref> an. Wahlen an Hochschulen müssen denselben Ansprüchen genügen wie Wahlen für den deutschen Bundestag. Dies umfasst insbesondere die Wahlgrundsätze in Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim) und den Grundsatz der Öffentlichkeit (Entscheidung 2 BvC 3/07, Bundesverfassungsgericht). Die Landesparlamente werden hiermit aufgefordert, ihre Hochschulgesetze ggf. entsprechend anzupassen. | ||
Darüber hinaus fordert die 49,0 | Darüber hinaus fordert die {{KIF|49,0}} alle Hochschulen auf, die erfolgte Umstellung in Erwartung eines baldigen Präsenzbetriebs unverzüglich, spätestens mit der Rückkehr zum uneingeschränkten Präsenzbetriebs, rückgängig zu machen, solange nicht Systeme verfügbar sind, die den aufgeführten Wahlgrundsätzen entsprechen und umfassend positiv evaluiert sind. | ||
Keines der uns bekannten Onlinewahlsysteme erfüllt die aufgeführten Anforderungen hinlänglich. Werden für eine Wahl oder Teile einer Wahlhandlung ein Onlinewahlsystem verwendet, gilt es nach unserer Ansicht, folgende Aspekte besonders zu berücksichtigen: | Keines der uns bekannten Onlinewahlsysteme erfüllt die aufgeführten Anforderungen hinlänglich. Werden für eine Wahl oder Teile einer Wahlhandlung ein Onlinewahlsystem verwendet, gilt es nach unserer Ansicht, folgende Aspekte besonders zu berücksichtigen: | ||
* Alle Schritte der Wahl müssen der hochschulöffentlichen Überprüfbarkeit unterliegen, soweit nicht verfassungsrechtliche Belange eine Ausnahme rechtfertigen. | |||
* Beim Einsatz elektronischer Wahlen müssen die Schritte der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung von den Wahlberechtigten zuverlässig und ohne besondere Sachkenntniss überprüft werden können und nachvollziehbar sein. Sollte dies nicht möglich sein, müssen Expert*innen eine ausführliche Erklärung der einzelnen Aspekte des Verfahrens zur Verfügung stellen. | |||
* Die Sicherheit der Wahl muss besondere Beachtung finden, um die Angreifbarkeit des Systems zu minimieren. Das umfasst, dass ein Zugang zum Wahlsystem nicht allein über die Hochschul-ID (Hochschul-Account) und Account-Passwörter passieren darf, sondern mindestens ein zusätzlicher 2nd Factor oder alternativ ein PIN/TAN-Verfahren bzw. zufallsgenerierte personalisierte Zugänge oder andere entsprechende äquivalente Maßnahmen zu verwenden sind. | |||
* Der Quellcode, das Kompilat und die Hardware des verwendeten Systems müssen jederzeit durch die Hochschulöffentlichkeit eingesehen und überprüft werden können. | |||
* Um den Wahlgrundsatz der freien Wahl umzusetzen, sind personalisierte Links erforderlich, damit Wahlwerbung nicht in Kombination mit einem Link zur Urne verbreitbar sind. | |||
* Die Aussagekraft von Zertifikaten muss bezüglich der genannten Anforderungen überprüft werden, bevor ein System zum Einsatz vorgesehen wird. | |||
Darüber hinaus ist eine sorgsame Abwägung erforderlich, wenn die Qualität einzelner Wahlgrundsätze zulasten anderer gegenüber dem bestehenden System verändert werden soll. | |||
Aktuelle Version vom 16. Mai 2021, 00:12 Uhr
Während der SARS-CoV-2-Pandemie haben zahlreiche Hochschulen ihre Wahlordnungen angepasst, um Gremienwahlen online abzuhalten. Diesen häufig kurzfristig durchgeführten Umstieg i.d.R. von Urnenwahlen halten wir unter Berücksichtigung der Pandemiesituation für durchaus verständlich, erkennen jedoch insbesondere in deren praktischen Realisationen grundsätzliche Gefahren für die Demokratie an Hochschulen und für die Legitimation von Gremienvertreter*innen.
Die 49,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften schließt sich den Forderungen der KIF 46,0 zu Elektronischen Wahlen[1][2] an. Wahlen an Hochschulen müssen denselben Ansprüchen genügen wie Wahlen für den deutschen Bundestag. Dies umfasst insbesondere die Wahlgrundsätze in Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim) und den Grundsatz der Öffentlichkeit (Entscheidung 2 BvC 3/07, Bundesverfassungsgericht). Die Landesparlamente werden hiermit aufgefordert, ihre Hochschulgesetze ggf. entsprechend anzupassen.
Darüber hinaus fordert die 49,0. Konferenz der deutschsprachigen Informatikfachschaften alle Hochschulen auf, die erfolgte Umstellung in Erwartung eines baldigen Präsenzbetriebs unverzüglich, spätestens mit der Rückkehr zum uneingeschränkten Präsenzbetriebs, rückgängig zu machen, solange nicht Systeme verfügbar sind, die den aufgeführten Wahlgrundsätzen entsprechen und umfassend positiv evaluiert sind.
Keines der uns bekannten Onlinewahlsysteme erfüllt die aufgeführten Anforderungen hinlänglich. Werden für eine Wahl oder Teile einer Wahlhandlung ein Onlinewahlsystem verwendet, gilt es nach unserer Ansicht, folgende Aspekte besonders zu berücksichtigen:
- Alle Schritte der Wahl müssen der hochschulöffentlichen Überprüfbarkeit unterliegen, soweit nicht verfassungsrechtliche Belange eine Ausnahme rechtfertigen.
- Beim Einsatz elektronischer Wahlen müssen die Schritte der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung von den Wahlberechtigten zuverlässig und ohne besondere Sachkenntniss überprüft werden können und nachvollziehbar sein. Sollte dies nicht möglich sein, müssen Expert*innen eine ausführliche Erklärung der einzelnen Aspekte des Verfahrens zur Verfügung stellen.
- Die Sicherheit der Wahl muss besondere Beachtung finden, um die Angreifbarkeit des Systems zu minimieren. Das umfasst, dass ein Zugang zum Wahlsystem nicht allein über die Hochschul-ID (Hochschul-Account) und Account-Passwörter passieren darf, sondern mindestens ein zusätzlicher 2nd Factor oder alternativ ein PIN/TAN-Verfahren bzw. zufallsgenerierte personalisierte Zugänge oder andere entsprechende äquivalente Maßnahmen zu verwenden sind.
- Der Quellcode, das Kompilat und die Hardware des verwendeten Systems müssen jederzeit durch die Hochschulöffentlichkeit eingesehen und überprüft werden können.
- Um den Wahlgrundsatz der freien Wahl umzusetzen, sind personalisierte Links erforderlich, damit Wahlwerbung nicht in Kombination mit einem Link zur Urne verbreitbar sind.
- Die Aussagekraft von Zertifikaten muss bezüglich der genannten Anforderungen überprüft werden, bevor ein System zum Einsatz vorgesehen wird.
Darüber hinaus ist eine sorgsame Abwägung erforderlich, wenn die Qualität einzelner Wahlgrundsätze zulasten anderer gegenüber dem bestehenden System verändert werden soll.